Wie ist der Umfang eurer Arbeit, begleitest du ihn auch zu Turnieren?
In der Off-Season haben wir viel Zeit miteinander verbracht. Ich war auch bei seinem ersten Turnier in Nußloch und beim Challenger in Koblenz dabei. Die längeren Reisen wird er weiterhin mit seinem Papa machen. Es ist wichtig, dass wir gemeinsam trainieren, aber ich muss ihn auch bei Turnieren sehen. Nur dort erkennt man, ob das Training Erfolg zeigt. Wie geht er mit Stress um? Wo braucht er noch Unterstützung? Deshalb ist es wichtig, eine Mischung aus beidem zu haben – Training und Wettkämpfe.
Justin hat ein sehr enges Verhältnis zu seinem Vater, mit dem du dir die Trainerrolle teilst. Wie klappt die Zusammenarbeit mit Papa Horst Engel?
Die Zusammenarbeit zwischen Horst und mir läuft sehr gut. Wir haben schnell einen guten Draht zueinander gefunden. Er ist mir gegenüber sehr positiv eingestellt, und er glaubt immer an das Projekt. Wenn ich im Training mal das Gefühl habe, dass ich an meine Grenzen stoße, ist Horst derjenige, der dann hilft, die Dinge wieder voranzutreiben. Er unterstützt mich und sorgt dafür, dass wir die neuen Ansätze weiterhin umsetzen und weiterentwickeln.
Was sind für dich die wichtigsten Eigenschaften, die ein erfolgreicher Tennisprofi entwickeln muss?
Was ich Justin versuche begreiflich zu machen, ist, dass man als Spieler versuchen muss, sich jeden Tag ein bisschen weiterzuentwickeln. Dass es nicht nur um Ergebnisse geht, sondern darum, an Sachen zu arbeiten und sich aus seiner Komfortzone herauszubewegen. Ich verwalte nicht nur das, was ich kann, ich versuche neue Dinge in meinem Spiel zu erlernen, natürlich auch technische. Diese Entwicklung ist der entscheidende Faktor, und wer hart arbeitet und sich stetig verbessert, wird langfristig dafür belohnt.
Welche Trainingsmethoden oder -ansätze aus deiner eigenen Karriere wendest du an, um Justin weiterzubringen?
Er ist ein ganz anderer Spielertyp als ich. Das bedeutet, dass ich meine Herangehensweise anpassen muss. Ich kann ihn nicht einfach zu einem Topspin- oder Winkelspieler machen. Als Trainer muss man die Stärken und Eigenschaften des Spielers berücksichtigen. Justin bringt viel Power mit, und es geht vor allem darum, diese Power noch stabiler zu nutzen und die richtige Schlagauswahl zu treffen. Jeder kann schnell spielen, aber die Frage ist, ob ich auch in der Lage bin, schnell zu spielen, wenn ich aus dem Lauf aus der Ecke komme. In solchen Situationen wäre es oft cleverer, den Ball etwas zu drosseln, um sich in eine bessere Position zu bringen.
Wo liegen seine besonderen Stärken? Woran muss er noch arbeiten?
Justin ist mental schon sehr weit für sein Alter. Er hat einen klaren Plan, ist extrem fokussiert und bringt jede Menge Ehrgeiz mit. Er hat viel Power, ist körperlich bestens trainiert und arbeitet auch abseits des Platzes sehr fleißig. Darin gilt es ihn weiterhin zu bestärken. Er muss jedoch noch an seiner „Shot Selection“ (Schlagauswahl) arbeiten. Es geht darum, bestimmte Spielzüge zu entwickeln, bei denen er sich richtig wohlfühlt, und nicht nur jeden Schlag einzeln zu spielen. Dadurch kann er seine Stärken noch besser zur Geltung bringen und sich in die ideale Position für den nächsten Schlag bringen.
Wie siehst du seine Entwicklung in den kommenden Jahren?
Niemand kann in die Zukunft schauen. Ich hoffe natürlich, dass ich einen positiven Einfluss auf ihn habe. Ich will ihn außerhalb und auf dem Platz nochmal ein Stück professioneller machen. Das bedeutet, jeden Tag mit einem frisch bespannten Schläger zu trainieren, gut vorbereitet zu sein, die richtigen Getränke dabei zu haben, sich immer gut aufzuwärmen und fokussiert zu bleiben. Es geht um Disziplin, um die konsequente Einhaltung des Trainingsplans. Also einfach das gesamte Paket zum Erwachsenen-Profi.
Seit letzten Jahr bist du TV-Experte und kommentierst, zuletzt das Final-Match zwischen Alexander Zverev und Jannik Sinner bei den Australian Open. Wie hast du die Begegnung erlebt?
Es ist beeindruckend, wie konstant Jannik Sinner sein Niveau runterspielt. Im Spiel gegen Sascha war er vor allem von der Grundlinie aktiver und stabiler. Man hatte das Gefühl, dass Sascha gegen eine Wand spielt. Sinner trifft keine schlechten Entscheidungen und agiert fokussiert und konzentriert. Das ist natürlich frustrierend und das hat man Sascha im zweiten Satz angesehen. Dann kam noch der entscheidende Moment im Tie-Break, als das Glück nicht auf seiner Seite war, und das hat ihn meiner Meinung nach so ein bisschen gebrochen.
Was ist die größte Herausforderung für dich beim Kommentieren?
Die größte Schwierigkeit beim Kommentieren ist, wenn das Match wenig zu bieten hat. Als Experte möchte ich dem Zuschauer und auch den Fachkollegen mehr Hintergrundinformationen geben und bestimmte Spielsituationen erklären. Aber wenn das Match zum Beispiel einseitig ist oder viele Fehler gemacht werden, fühle ich mich manchmal ein bisschen hilflos. Ich möchte ja nicht wie ein Lehrer wirken, der dem Zuschauer ständig etwas beibringt, sondern eher die interessanten Aspekte des Spiels herausstellen. Es macht einfach mehr Spaß, wenn das Match spannend ist und ich über verschiedene Spielsituationen sprechen kann. Wenn es aber nicht viel zu erklären gibt, wird es schwieriger.
Welche Informationen stehen für dich im Vordergrund und was macht für dich einen guten Experten Kommentar aus?
Ein guter Kommentar sollte Dinge ansprechen, die nicht immer sofort offensichtlich sind. Jeder kann sagen, dass ein Schlag gut war, aber was hat der Spieler vorher gemacht? War der Schlag davor entscheidend, um den Punkt zu gewinnen? Solche Informationen finde ich spannend, besonders aus der Sicht eines Trainers. Es geht darum, welche Spielsituation man schaffen möchte, um sich in die beste Position zu bringen.