Steffen Kolb, das Landesleistungszentrum Leimen hat seit seiner Eröffnung vielen Talenten den Weg an die Spitze geebnet. Warum ist aus Ihrer Sicht genau jetzt der richtige Zeitpunkt, um das Stichwort Umbau anzugehen?
Steffen Kolb: Vor gut vier Jahren haben wir bereits das erste Obergeschoss modernisiert – mit neuen Verwaltungsräumen, Tagungsbereichen, Trainerbüros, einem Aufenthaltsbereich und sanitären Anlagen. Jetzt wird es Zeit, dass wir auch den Athlet:innen einen Bereich bieten, in dem sie sich wirklich wohlfühlen können und der heutigen Standards entspricht.
Mit diesem Umbau möchten wir aber nicht nur die baulichen Strukturen verbessern, sondern auch ein Zeichen setzen: Wir leiten eine neue Ära ein und schaffen einen Ort, der auch in 15 Jahren noch Maßstäbe setzt und optimale, moderne Voraussetzungen für die sportliche Entwicklung unserer Talente bietet.
Christoph Ax, Sie sind Architekt und haben langjährige Erfahrung im Management von großen Bauprojekten. Worin liegt der Reiz für Sie in diesem im Vergleich kleineren Umbauprojekt?
Christoph Ax: In meinen früheren Projekten - ich war viele Jahre lang in Frankfurt aktiv – habe ich vor allem größere Bauvorhaben in einem entsprechend großen Team betreut. Heute arbeite ich als Ein-Mann-Büro, und genau darin liegt auch der Reiz an diesem im Vergleich kleineren Umbauprojekt in Leimen.
Das Projekt ist von der Größenordnung her gut überschaubar und lässt sich so gemeinsam mit dem engagierten Team des Badischen Tennisverbands und den beauftragten Fachplaner:innen hervorragend managen. Die enge Abstimmung funktioniert hier besonders gut, was mir sehr wichtig ist.
Außerdem, auch wenn ich kein ausgewiesener Tennisexperte bin: Sport spielt in meiner Familie eine große Rolle – eines meiner Kinder war mehrfach deutscher Meister im Schwimmen. Ich weiß, wie wichtig Werte wie Ausdauer, Teamgeist und strategisches Denken sind, die gerade der Sport vermittelt. Unter diesem Blickwinkel finde ich auch diese Bauaufgabe besonders spannend.
Sport ist mit Emotionen verbunden – und gerade das Landesleistungszentrum Leimen ist eng mit den Namen der großen Drei verknüpft: Steffi Graf, Anke Huber und Boris Becker. Diese Geschichten und Erinnerungen prägen den Ort. Herr Ax, lässt sich so eine emotionale Geschichte eigentlich baulich einfangen? Wie kann ein Umbau beitragen, dass sich Tradition, Erinnerungen und Hoffnungen auch im „neuen Leistungszentrum“ widerspiegeln?
Christoph Ax: Nun, Architektur kann natürlich nur einen bedingten Beitrag leisten, wenn es darum geht, Emotionen und Geschichten einzufangen. Aber genau darin liegt auch ein Reiz dieses Projekts: Leimen ist untrennbar mit den großen Namen wie Steffi Graf, Anke Huber und Boris Becker verbunden – diese Tradition prägt den Badischen Tennisverband bis heute.
Der Umbau bietet jetzt die Chance, an diese Geschichte anzuknüpfen und sie lebendig zu halten. Gleichzeitig ist es mir aber auch wichtig, nicht nur zurückzublicken, sondern den Blick nach vorne zu richten. Tradition bewahren heißt auch, den Ort weiterzuentwickeln und für neue Anforderungen zu öffnen.
Deshalb haben wir uns zu Beginn intensiv mit einem übergeordneten Masterplan beschäftigt und analysiert, welches Potenzial der Standort Leimen noch bietet – zum Beispiel für Erweiterungen oder die Integration neuer Sportarten wie Beach Tennis oder Padel. Von dieser großen Perspektive sind wir dann ins Detail gegangen, um die bestehende Identität zu wahren und gleichzeitig die Funktionalität und Qualität des Leistungszentrums gezielt für kommende Generationen zu verbessern.
Ein schönes Beispiel ist der Innenbereich: Im ersten Obergeschoss gibt es bereits eine sehr gelungene Gestaltung mit Fotos, die an die großen Erfolge erinnern. Das neu gestaltete Erdgeschoss wird dabei sicher kein Stilbruch – im Gegenteil, wir führen dieses Gestaltungskonzept weiter. Im Foyer und den Schulungsräumen wird man diesen Bezug zur Geschichte spüren.
Im Sportbereich selbst steht natürlich die Funktionalität im Vordergrund, da wird es etwas schlichter sein. Aber insgesamt soll alles eine Einheit bilden. Es darf nicht in zwei völlig unterschiedliche Bereiche zerfallen – das war mir auch in der Abstimmung mit den Verbandsverantwortlichen sehr wichtig. So spiegelt sich die Tradition in der Gestaltung wider, ohne dass wir den Blick für die Zukunft verlieren.
Steffen Kolb, wir sprechen über die Vergangenheit und die Zukunft des Landesleistungszentrums. Was wünschen Sie sich aus Verbandssicht, was dieser Umbau über die rein bauliche Erneuerung hinaus bewirken soll?
Steffen Kolb: Unsere große Hoffnung ist, dass unsere Talente auch in Zukunft immer wieder gerne nach Leimen kommen – weil sie sich hier wohlfühlen und alles vorfinden, was sie für ihre sportliche Entwicklung brauchen. Gleichzeitig wollen wir mit dem neuen Zentrum auch für Turnierveranstaltende noch attraktiver werden. Und ein ganz wichtiger Punkt ist für uns das Thema Nachhaltigkeit: Mit dem Umbau wollen wir den Energieverbrauch deutlich reduzieren und durch die Erweiterung der PV-Anlage einen weiteren Schritt in Richtung Klimaneutralität gehen.
Vor einigen Jahren hat das BTV-Präsidium bereits das Obergeschoss in Angriff genommen. Nun steht vor allem das Erdgeschoss im Mittelpunkt. Geben Sie uns doch einen Einblick: Was steht im Fokus dieses Umbaus?
Steffen Kolb: Ziel des Umbaus ist vor allem, das Erdgeschoss auf einen zeitgemäßen Stand zu bringen. Dabei stehen insbesondere der Eingangsbereich und die Umkleidekabinen im Fokus, die dringend modernisiert werden müssen. Außerdem wollen wir für unsere Sportler:innen einen neuen Aufenthaltsbereich schaffen, in dem sie sich zwischen den Trainingseinheiten entspannen können. Und nicht zuletzt sollen auch multifunktionale Räume zur unterschiedlichsten Nutzung entstehen.
Wie sieht das konkret aus: Welche Bereiche werden modernisiert, welche neuen Elemente kommen dazu – und an welchen Stellen setzen Sie architektonisch an, um das Zentrum fit für die Zukunft zu machen?
Christoph Ax: Da muss ich ein bisschen weiter ausholen, weil es im Kern drei zentrale Maßnahmen gibt, die das Projekt prägen: Erstens die Verbesserung der Erschließung und Barrierefreiheit, zweitens der Ausbau der Schulungsbereiche mit einer klaren, zentralen Orientierung – und drittens die umfassende technische Modernisierung, um das Zentrum zukunftsfähig und nachhaltiger zu machen.
Der erste Punkt ist die Neuordnung der internen Wegeführung. Gemeinsam haben wir ein neues, helles und großzügiges Erschließungssystem entwickelt, das zum Beispiel die Umkleidebereiche dezentral in unmittelbarer Nähe zu den Sportstätten anordnet – sowohl innen als auch außen. Ein zentrales Rückgrat dabei ist der neue Flur, der wie eine Art „Backbone“ funktioniert und alle Bereiche verbindet. Besonders wichtig ist uns dabei die Barrierefreiheit: Es wird ein Aufzug eingebaut, im Athletenhaus entsteht ein behindertengerechtes Zimmer, an den Sportstätten selbst werden barrierefreie WCs und Umkleiden realisiert und alle Flure bekommen die erforderliche Breite, um uneingeschränkte Mobilität zu ermöglichen.
Der zweite Schwerpunkt liegt auf der funktionalen Erweiterung der Schulungsbereiche auf Hallenniveau. Die neuen Räume erhalten direkten Zugang und Sichtverbindung zu den Spielfeldern – so wird Theorie und Praxis stärker verzahnt. Diese Bereiche sind modular geplant, das heißt, sie lassen sich flexibel an unterschiedliche Veranstaltungsformate anpassen, zum Beispiel mit mobilen Trennwänden. Ergänzt wird das Ganze durch ein neues, zentrales Foyer, das als verbindendes Element fungiert und die Orientierung im gesamten Komplex deutlich verbessert.
Und drittens investieren wir in eine umfassende technische Modernisierung. Die bestehende Ölheizung wird stillgelegt und durch ein modernes, nachhaltiges Wärmepumpensystem ersetzt. Dazu kommen zahlreiche Maßnahmen, um Wasser- und Energieverbrauch zu senken: neue, effiziente Duscharmaturen, eine Zisterne zur Nutzung von Regenwasser für die Bewässerung der Außenplätze und Grünflächen, und die PV-Anlagen auf den Dächern werden erweitert. So verbessern wir nicht nur den energetischen Standard erheblich, sondern stellen auch sicher, dass der Betrieb langfristig ressourcenschonend und wirtschaftlich bleibt.
Der Zeitplan für den Umbau ist eng gestrickt. Wann soll es losgehen und in welchen Schritten sollen die Baumaßnahmen erfolgen?
Christoph Ax: Es gibt natürlich schon ein Terminkonzept – und der Zeitplan ist in der Tat sehr straff, weil wir Rücksicht auf den laufenden Betrieb des Badischen Tennisverbands nehmen müssen. Das muss alles gut miteinander in Einklang gebracht werden.
Geplant ist, dass die ersten Arbeiten Ende 2025 beginnen und zwar in den Bereichen, die den laufenden Trainings- und Turnierbetrieb nicht beeinträchtigen. Der zentrale Umbau, also vor allem das Foyer und die Schulungsräume, wird dann gezielt in die Sommersaison gelegt. In dieser Zeit können die Außenplätze genutzt werden, sodass die Einschränkungen im Innenbereich möglichst gering bleiben.
Ziel ist, dass dieser zentrale Bereich ab Herbst 2026 wieder für interne Turniere und Veranstaltungen zur Verfügung steht. Als letzter Schritt folgt dann der Umbau im Bereich des Aufzugs und des Athletenhauses. Hier kann man arbeiten, ohne den Betrieb wesentlich zu stören – das wird sich dann voraussichtlich noch bis Ende 2026 hinziehen.
Steffen Kolb: Wir haben, seit die Mitgliederversammlung im Herbst letzten Jahres die Planungsleistungen im Haushalt freigegeben hat, sehr viel Zeit und Energie in das Projekt gesteckt. Diverse Gutachten, allen voran in Sachen Brandschutz, haben Thematiken offengelegt, aus der sich dann z.B. der außenliegende Flur entwickelt hat – und so haben wir immer wieder, auch schnell und flexibel reagieren müssen. Auch in Sachen Fördermittel wollen wir natürlich keine Fristen verpassen. Und natürlich hoffe ich sehr, dass die Vereinsvertreter:innen bei der anstehenden Mitgliederversammlung unsere Idee und Vision teilen.
Ein kleines Dankeschön möchte ich aber an dieser Stelle loswerden. Unser Geschäftsführer Samuel Kainhofer ist bei diesem Projekt wahnsinnig engagiert und arbeitet sich auch ins allerkleinste Detail sehr intensiv ein. Und seitens des Ehrenamts ist Ole Müller ein wichtiger Baustein, der kompetent und vernetzt das Projekt unterstützt.
Herr Kolb, Sie haben es angesprochen, die Planungen wurden angepasst bzw. erweitert. Ganz grundsätzlich legt der Badische Tennisverband bei den Planungen auf Multifunktionalität und die Möglichkeit, das Zentrum bei Bedarf weiterzuentwickeln. Spiegelt sich darin auch die grundsätzliche Vision des Präsidiums, den Verband insgesamt so flexibel aufzustellen, dass man jederzeit auf neue Entwicklungen reagieren kann – sei es im Leistungssport, im Breitensport oder in der Vereinsarbeit?
Steffen Kolb: Ja, definitiv: Flexibilität ist enorm wichtig. Man sieht ja, wie schnell sich Trends entwickeln, ob es nun Padel- oder Beach Tennis ist. Wir müssen als Verband jederzeit handlungsfähig sein. Genau deshalb wollen wir das LLZ auch so gestalten, dass es multifunktional nutzbar und jederzeit anpassbar ist. Auch Barrierefreiheit spielt dabei eine Rolle, damit wirklich aller Zugang finden.
Uns ist wichtig, dass Leimen ein moderner Anlaufpunkt für Athlet:innen und Vereine bleibt und dass wir hier die Möglichkeiten haben, uns als Badischer Tennisverband insgesamt zukunftsfähig und modern aufzustellen.
Zum Abschluss: Was wünschen Sie sich beide für den Moment, wenn das modernisierte LLZ dann wieder seine Türen öffnet?
Christoph Ax: Also in erster Linie wünsche ich mir natürlich, dass alles terminlich so klappt, wie wir es geplant haben. Gerade bei diesem eng gestrickten Zeitplan ist das keine Selbstverständlichkeit.
Am Ende ist es mir vor allem wichtig, dass wir eine positive Resonanz bekommen, von allen Beteiligten: von den Athlet:innen, Trainer:innen, Besucher:innen, Sponsor:innen und Partner:innen. Wenn sich die alle mit dem neuen Zentrum identifizieren können, wenn es diesen kleinen ‚Wow-Effekt‘ gibt, dann kann daraus eine Dynamik entstehen, die auch die weitere Entwicklung des Standorts Leimen nachhaltig beflügelt. Und das ist definitiv mein größter Wunsch. Dass am Ende alle sagen: Ja, genau so haben wir uns das vorgestellt – jetzt kann’s losgehen. Dann hat sich die Arbeit gelohnt.
Und ja, auch als Architekt ist es immer etwas Besonderes, so ein Projekt am Ende in der Realität zu sehen. Auch wenn man heute viel visualisieren kann, bleibt es spannend, wenn das Gebäude dann wirklich mit Leben gefüllt wird. Eigentlich ist so ein Bauwerk nie ganz fertig – es wird erst komplett, wenn es von den Menschen genutzt wird. Dann wird das ‚Baby‘ sozusagen übergeben – und was die Nutzer:innen daraus machen, liegt dann in deren Händen.
Steffen Kolb: Bis sich die Türen öffnen, ist es noch ein langer Weg. Aber dann wünsche ich mir natürlich, dass wir für viele Jahre keine größeren Bau- oder Renovierungsmaßnahmen mehr brauchen werden. Am wichtigsten ist mir aber, dass wir von unserem Team im Hauptamt sowie den Athlet:innen ein positives Feedback bekommen – dass sie sich hier wirklich wohlfühlen und alle spüren, dass sich die Investition gelohnt hat. Und natürlich hoffe ich, dass vielleicht schon in den nächsten Jahren der oder die nächste Boris Becker, Steffi Graf oder Anke Huber aus Leimen kommt.