Herr Scheidt, Sie verantworten den Jüngstenbereich im Badischen Tennisverband, der 2021 neu aufgebaut wurde. Wenn Sie auf die letzten Jahre zurückblicken – wie hat sich dieser Bereich seither entwickelt?
Christopher Scheidt: Als wir 2021 gestartet sind, standen wir im Grunde bei null. Neue Turnierformate mussten konzipiert und etabliert werden – und das braucht Zeit. Inzwischen haben sich die Formate erfreulich gut entwickelt: Die Anzahl an Veranstaltungen ist im Vergleich zum ersten Jahr deutlich gestiegen, das Interesse wächst stetig. Ein wichtiger Meilenstein war auch die Einführung des Aufschlags von oben bereits ab der roten Stufe im vergangenen Jahr. Der Aufschlag ist essenziell für das Spiel, die Kids müssen von Anfang an damit in Kontakt kommen.
Wie Sie selbst sagen, haben sich die Turnierformate inzwischen etabliert – trotzdem: Wie würden Sie den Status quo beschreiben? Wo stehen wir heute, was läuft rund? Wo erleben Sie noch Herausforderungen oder Entwicklungsbedarf?
Unsere Kids Days im Kleinfeldbereich (U9) sind aktuell sehr erfolgreich, bei diesem Turnierformat sind die Vereine am engagiertesten. Deutlich geringer ist die Anzahl an Turniertagen in den U9- und U10-Bereichen. Am seltensten werden bislang die U10-Turniertage angeboten – da müssen wir gemeinsam mit den Clubs noch aktiver werden. Ein guter Gradmesser für die aktuelle Entwicklung ist für uns die BaWü-Turnierserie „Porsche Mini Tennis Grand Prix“ (für die Altersklasse U9; Anm. d. Red.). Während 2022 hier nur wenige badische Talente das Finale erreichten, hat sich das Verhältnis seither klar verbessert: Im diesjährigen Jungs-Finale kommen neun von 16 Spielern aus Baden, bei den Mädchen sind es sieben. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
In der jüngsten Vergangenheit wurde viel getan, um den Einstieg für Kinder möglichst spielerisch und niedrigschwellig zu gestalten. Wie kommt dieses Konzept in der Praxis an? Und was bewirkt es langfristig aus Ihrer Sicht?
Wir möchten, dass sich die Jüngsten von Anfang an wohlfühlen, erste Erfolgserlebnisse sammeln und mit Freude dabeibleiben. Genau das sehen wir auch in der Praxis. Die Resonanz der Spieler:innen, deren Familien und der Vereine ist sehr positiv. Die Kinder erleben Wettkampfsituationen ohne Druck, lernen wichtige motorische und soziale Grundlagen – und bauen früh eine Bindung zum Verein auf. Das gelingt vor allem, weil wir auf altersgerechte Spielformen, kurze Spielfenster und transparente Strukturen setzen. Schon die international etablierte „Play and Stay“-Kampagne aus dem Jahr 2007 stellte heraus, wie wichtig der Einsatz passender Bälle, Schläger und Feldgrößen ist, um Frust und auch Verletzungen bei den Kids zu vermeiden. Deswegen spielten diese Faktoren bei der Entwicklung unseres Jüngstenkonzepts eine wesentliche Rolle. Das zahlt sich nun aus.
Ein zentrales Anliegen ist es, mehr Vereine dafür zu gewinnen, selbst Jüngstenturniere auszurichten. Warum lohnt sich das Ihrer Meinung nach für die Clubs?
Antwort: Solche Events bringen Leben in den Verein und bieten den Kindern die Möglichkeit, direkt vor Ort erste Wettkampferfahrung zu sammeln. Für ihre Entwicklung ist das von unschätzbarem Wert. Ich selbst habe als Kind jede freie Minute auf dem Tennisplatz verbracht oder sogar auf dem benachbarten Asphaltparkplatz gespielt – heute sind die Zeitfenster durch Schule und andere Verpflichtungen oft enger. Mit unseren kompakt gestalteten Turnierformaten, die in der Regel nur 3 bis 4 Stunden dauern, reagieren wir gezielt auf diese veränderten Bedingungen.
Manche Vereine haben noch Berührungsängste, was Organisation und Aufwand betrifft. Was möchten Sie ihnen sagen – wie niedrig ist die Einstiegshürde wirklich?
Antwort: Der Einstieg ist deutlich einfacher, als viele denken. Über unsere Homepage kann ein Turnier schnell und unkompliziert beantragt werden. Die Anmeldung der Kinder läuft zentral über uns, der Verein kann jedoch jederzeit den aktuellen Stand erfragen. Spätestens nach dem Meldeschluss erhält der ausrichtende Club dann eine Namensliste mit allen wichtigen Daten der teilnehmenden Kids. Vorab senden wir zudem kleine Give-aways, die jedes Kind am Ende mit nach Hause nimmt. Was es vor Ort braucht, ist eine gute Vorbereitung und ausreichend Helfer:innen, vor allem beim ersten Mal. Unsere Erfahrung zeigt: Wer einmal ein Turnier ausgerichtet hat, macht es gerne wieder.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten: Was bräuchte der Jüngstenbereich, um den nächsten Entwicklungsschritt zu machen – organisatorisch, strategisch oder auch kulturell?
Antwort: Mein größter Wunsch wäre, dass der Sport in Deutschland allgemein wieder mehr gesellschaftliche Wertschätzung erfährt. Denn hier klaffen Anspruch und Wirklichkeit leider auseinander. Für den Jüngstenbereich brauchen wir engagierte Trainer:innen und Vereine, die bereit sind, Zeit und Herzblut zu investieren. Dieser Bereich ist das Fundament, sportlich wie auch in Bezug auf langfristige Vereinsbindung. Neben Know-how braucht es vor allem Menschen, die sich dieser Verantwortung mit Begeisterung stellen.