Timo Hampel: „Im Einzel muss ich selber klarkommen“

Timo Hampel schlägt vom 17. bis 25. Juni bei den Special Olympics in Berlin auf. Der 26-Jährige wurde mit Trisomie 21 geboren und wird zum ersten Mal bei den Weltspielen dabei sein. Er tritt sowohl im Einzel als auch im Doppel an, wo er zusammen mit seiner Schwester Gina Hampel (23) als Unified Partnerin spielen wird. Im Interview spricht er zusammen mit seiner Schwester über seine Herausforderungen und Ziele bei den Special Olympics und verrät, was er sich für die Zukunft des Behindertensports wünscht.
Tennis für Menschen mit geistiger Behinderung
Deutscher Tennis Bund
Timo und Gina Hampel

Timo, du spielst seit 2014 Tennis, wie bist dazu gekommen?

Timo: Meine ganze Familie spielt Tennis. Meine Mutter hat angefangen, dann mein Vater und dann auch meine Schwester. Danach kam ich. Mir macht Tennis sehr viel Spaß, weil es für mich eine riesige Herausforderung ist und ich auch mit meiner Schwester zusammenspielen kann. Durch den Eimsbütteler Turnverband (ETV) bin ich dann auf die Special Olympics aufmerksam geworden und trainiere aktuell regelmäßig auf deren Anlage.

Du wirst unter anderem mit deiner Schwester als Unified Partnerin antreten. Wie ist das für dich?

Timo: Ich finde es toll mit ihr zusammen zu spielen. Gina ist auch das erste Mal bei den Special Olympics dabei. Der Vorteil für uns ist, dass wir uns als Geschwister sehr gut kennen. Zwar streiten wir uns manchmal auf dem Platz, wenn wir unterschiedliche Meinungen haben, aber das dauert meistens nur 30 Sekunden und dann geht es weiter. Wir wollen uns konzentrieren und das Match durchziehen.

Was ist für dich die größere Herausforderung – alleine im Einzel zu spielen oder Doppel mit deiner Schwester?

Timo: Das ist schwer zu sagen. Im Doppel finde ich es toll, dass meine Schwester mir den Rücken freihält und mir im Spiel Tipps gibt, durch die ich mich verbessern kann. Bei den nationalen Special Olympics war ich zum Beispiel zu hitzig. Ich wusste nicht, wo ich auf dem Platz war. Meine Schwester hat mir dann geholfen runterzufahren und wir haben es zusammen geschafft. Im Einzel habe ich die Unterstützung nicht – da muss ich selber klarkommen.

Gina, wie unterscheidet sich denn deine Unterstützung zwischen Einzel und Doppel?

Gina: Für mich ist es natürlich einfacher Timo im Doppel zu unterstützen. Manchmal konzentriert er sich nicht richtig. Da kann man direkt auf dem Platz besser für ihn da sein und ihn wieder aufbauen, als im Einzel. Da bin ich nur als Zuschauerin mit dabei, dafür kann einer unserer Trainer mit auf den Platz gehen und Timo von da aus zur Seite stehen.

Ihr seid das erste Mal bei den Special Olympics dabei. Was sind da deine oder auch eure Ziele?

Timo: Mein Ziel ist es Spaß zu haben – ich werde aber auch versuchen zu gewinnen. Mal schauen, wie weit wir kommen. Für uns beide wird das eine große Herausforderung, bei der wir gut auftreten wollen.

Wie sind die Regeln für die Unified Partner:innen bei den Special Olympics?

Gina: Wir sollen auf Augenhöhe spielen. Das heißt, dass ich keinen Ball spielen darf, den Timo nicht auch so spielen könnte. Wenn Timo keinen 70 km/h Aufschlag machen kann, darf ich das auch nicht. Ich versuche eigentlich eher den Ball sicher reinzuspielen und Timo die Punkte machen zu lassen. Auch ich darf Punkte machen, aber ich möchte ihn mehr unterstützen, als selbst im Mittelpunkt zu sein.

Timo, wie oft trainierst du?

Timo: Drei Mal in der Woche mit unterschiedlichen Trainern – einmal hier beim ETV und dann noch bei zwei anderen Vereinen. Das Training ist je nach Trainer unterschiedlich. Bei dem einen machen wir mehr Praxis bei den anderen weniger. Da laufen wir uns mehr warm und spielen keine richtigen Matches. Stattdessen werden die Bälle reingespielt und wir schlagen sie zurück. Heute war das Training auf Praxis ausgelegt – das hat mir Spaß gemacht.

Ihr habt euch kürzlich mit Andres Mies getroffen. Wie war das für euch?

Timo: Ich fand gut, was er uns beigebracht hat. Als Profisportler konnte er uns einige Tipps und Tricks verraten. Vor allem hat er uns sehr gut erklärt, wie man richtig Volleys spielt. Insgesamt hat mir das Training mit Andy Mies viel Spaß gemacht.

Gina: Für mich war es mal ein anderer Geburtstag (lacht). Er weiß natürlich, was er macht und hat uns ein paar gute Tipps gegeben. Dadurch dass wir ausschließlich Doppel zusammengespielt haben, konnte er genau darauf achten, was unsere Stärken im Doppel sind. Timo soll zum Beispiel mehr vorne am Netz stehen, weil seine Volleys an dem Tag richtig gut waren.

Was sind denn eure Stärken im Team? Wenn Timo eher vorne ist, deckst du dann den hinteren Teil des Feldes ab?

Gina: Ich versuche auch nach vorne zu gehen. Ich denke, das ist auch ein ganz gutes Überraschungsmoment. Aber natürlich bin ich etwas laufstärker als Timo, weshalb es sich anbietet, dass ich eher hinten spiele. Aber Timo ist eigentlich genauso stark, wenn er gut drauf ist. Wir sind ein ausgeglichenes Team.

Was wünscht ihr euch für die Zukunft des Behindertensports und was können Veranstaltungen wie die Special Olympics bewirken?

Timo: Mehr Turniere! Nicht nur große Veranstaltungen wie die Special Olympics. Wir brauchen weitere Turniere, auch auf nationaler Ebene. Genauso den Mannschaftssport wie die Medenspiele. Wenn es mehr Turniere gibt, haben wir auch mehr Chancen. Mein großer Traum wäre es, einmal bei den Hamburg European Open mitzuspielen.

Gina: Es ist natürlich etwas Positives, dass die Special Olympics stattfinden. Ich glaube, dass sehr Viele Berührungsängste mit Menschen mit Behinderung haben. Vor allem, wenn sie nicht mit Behinderten aufgewachsen sind. Ich hoffe einfach, dass diese Personen sehen, dass es möglich ist, Menschen mit Behinderung in den Sport mit einzubeziehen und sie das auch selber ausprobieren können und wollen. Generell ist es recht einfach, Berührungsängste über den Sport abzubauen.

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