Wir müssen natürlich über deine doppelte Vorhand sprechen. Wirst du da häufig drauf angesprochen und wenn ja, wie ist die Reaktion der Menschen?
Seit dem Turnier Les Petits As wurde ich viel auf meine Spieltechnik angesprochen. Vor allem auf größeren Turnieren, wie auch der Deutschen Meisterschaft zuletzt.
Ich finde es cool, dass Zuschauer darauf achten und dass sie mehr über meine Technik wissen wollen. Die meisten sind positiv überrascht. Die häufigste Frage ist dann, ob ich weiter so spielen werde, oder ob ich eine Seite noch auf eine klassische Rückhand umtrainieren werde. Meiner Meinung nach ist es einfacher, mit zwei Vorhänden zu spielen. Das musste ich natürlich von klein auf lernen, so zu spielen. Wenn ich meinen Vater früher gefragt habe, warum ich mit zwei Vorhänden spiele, meinte er, dass es unnötig sei, eine Rückhand zu spielen, wenn man zwei Vorhände spielen kann. Mein älterer Bruder Jorge Tomás spielt auch so wie ich. Unser Vater hat uns das so beigebracht und es funktioniert super bisher.

Heißt, du hast nie eine klassische Rückhand gespielt?
Richtig. Wenn ich es jetzt probiere, klappt es auch nicht wirklich.

Kennst du noch jemanden, der mit zwei Vorhänden auf der Tour unterwegs ist? Gab es das schonmal?  
Ich kenne noch einen US-Amerikaner, Teodor Davidov, er ist ein Jahr älter als ich ist. Er spielt auch mit zwei Vorhänden, mit dem Unterschied, dass er mit beiden Seiten aufschlägt. Ich serviere nur mit links und im Alltag bin ich nur Linkshänder.

Du hast ein sehr erfolgreiches Jahr hinter dir. Erst der Europameistertitel im Doppel mit Luys Calin, dann ein starker dritter Platz bei den Tennis Europe Junior Masters in Monte Carlo und zuletzt der Deutsche Meistertitel in der Halle. Wie blickst du auf dein Jahr zurück? 
Ich bin sehr zufrieden. Ich habe mich  das ganze Jahr über verbessert, sowohl mental als auch technisch. 
Am Anfang des Jahres habe ich beim Les Petit As das Halbfinale erreicht. Hier bin ich aus der Qualifikation gekommen und konnte den an Nummer eins gesetzten Spieler bezwingen. 
Dann natürlich die Europameisterschaft mit meinem Kollegen Luys zusammen. Das war auf jeden Fall ein Höhepunkt des Jahres. Die fantastische Woche in Monte Carlo mit meinem dritten Platz darf ich nicht vergessen. Das war auch ein ganz großer Erfolg und zuletzt bei den Deutschen Meisterschaften habe ich souverän gespielt, gutes Tennis gezeigt und auch noch gewonnen. Ich kann mit dem Jahr zufrieden sein.

Was war für dich persönlich der größte Entwicklungsschritt in diesem Jahr – technisch oder auch mental?
Seit September spiele ich mit einem neuen Schläger. Damit habe ich deutlich mehr Power und  Konstanz in meinen Schlägen. Seitdem läuft es noch besser. Aber das ist natürlich nicht nur das Material, ich habe auch mehr an mir und meiner Schlaggeschwindigkeit gearbeitet.

Herrera Sanchez Vorhand rechts

 

Den Europameistertitel hast du dir mit deinem Teampartner Luys Calin erspielt. Wie ist euer Verhältnis? Seid ihr neben dem Platz auch Freunde?
Luys und ich kennen uns jetzt seit mehreren Jahren. Wir besuchen dieselbe Schule und gehen gemeinsam in eine Klasse. Wir verstehen uns sehr gut und Luys ist wirklich ein sehr ehrgeiziger Typ. Er ist lustig, außerhalb und auch auf dem Platz. Luys ist wirklich ein guter Kamerad.

Gibt es etwas, was er dir voraushat, bzw. du ihm? 
Mhhh… er spielt wahrscheinlich den besseren langen Ball von hinten im Feld. Ich würde sagen, dass meine Aufschläge dagegen ein bisschen besser sind.“

Gib uns einen kleinen Ausblick auf das nächste Jahr. Was steht dort an und was möchtest du erreichen? 
Am Anfang des Jahres sind immer die Winter Cups, bei denen  man sein eigenes Land repräsentiert. Ich möchte versuchen, daran teilzunehmen und für Deutschland zu spielen. Das ist auf jeden Fall das erste Ziel für das neue Jahr.
Danach gilt es, bei den ITF-Turnieren gut abzuschneiden, sodass ich einen großen Sprung im Ranking mache und eine bestmögliche Platzierung erreiche, um auch an den großen Turnieren teilnehmen zu können.

Herrera Sanchez Vorhand links

 

Und langfristig? Was sind deine Ziele im Tennis?
Auf jeden Fall Tennisprofi werden. Das Ziel ist es, es in die Top 100 zu schaffen, vielleicht sogar in die Top 10. Das ist mein Ziel, seitdem ich mit Tennis angefangen habe.

 Wie bist du zum Tennis gekommen?
Mein Vater hat mir mit zwei oder drei Jahren zu Hause Tennis beigebracht. Wir haben mit Luftballons, Wasserbällen, Schaumstoffbällen und kleinen Schlägern angefangen und sind dann erst zu den richtigen Tennisbällen und Schlägern übergegangen.
Mein Vater ist mein Trainer. Er hat mir alles beigebracht und dafür bin ich ihm sehr dankbar.

Dann ist dein Papa wahrschein auch ein Vorbild für dich, oder?
Ja, mein Vater ist auf jeden Fall mein Vorbild. Er unterstützt mich in allem, was ich mache, in der Schule, zu Hause und beim Tennis. Er versucht mir immer das Beste zu ermöglichen. 

Hast du zusätzlich noch einen Tennisspieler, der sowas wie dein Idol ist?
Von klein auf mochte ich Roger Federer. Immer, wenn Federer verloren hat, wurde ich ein bisschen emotional. Vor allem, wenn er gegen Rafael Nadal verloren hat. Nadal war für mich immer wie der Bulle und Federer der Prinz. Momentan mag ich Sinner.

Dann zum Schluss eine fiese Frage: Wenn du dich entscheiden müsstest, auf eine klassische Rückhand umzulernen, welche Seite würdest du dann umschulen?
Ich würde weiterhin Linkshänder bleiben, denn der Slice-Aufschlag ist beim Linkshänder auf allen Belägen sehr unangenehm. Dann würde ich auf Rechts umsteigen, wenn ich Rückhand spielen müsste. Aber ich denke, das wird nicht passieren.

Danke für das nette Interview, Lucas, und alles Gute  für das kommende Tennisjahr.

Artikel teilen